Positionen, Diskussionen, Ideologien: Im Mai kam wieder der Tiroler Landtag zusammen. Wir werfen gemeinsam mit SPÖ-Vizeklubchef Christian Kovacevic einen Blick zurück – und voraus. Auf den Dreier-Landtag, der die Abgeordneten von Tirol, Südtirol und des Trentino im Juni nach Meran führt.
Anfang Mai tagte wieder der Tiroler Landtag: Was waren die wichtigsten Themen aus deiner Sicht?
Christian Kovacevic, Vizeklubchef der SPÖ im Tiroler Landtag: Gerade am ersten Sitzungstag war das Thema Kinderbetreuung beherrschend. Viel diskutiert wurde aber auch über das Wohnen und Möglichkeiten, leistbares Wohnen zu schaffen.
Gegenstand von Debatten war auch die Tiroler Sportlandschaft – darunter vor allem die Schwimmbadinfrastruktur, die wir als SPÖ stärken wollen. Dasselbe gilt für jugendliche Mitsprache, wo wir neue Wege der Einbeziehung gehen wollen.
Dafür hast du per Antrag die Idee eines eigenen Jugendlandtags ins Spiel gebracht: Was ist da deine Motivation dahinter?
Kovacevic: Ich denke, es ist entscheidend, dass wir uns auch im politischen Alltag ernsthaft bemühen, Maßnahmen für junge Menschen auf den Weg zu bringen. Mich ärgert es jedenfalls immens, dass immer nur vor Wahlen die verschiedensten Jugendthemen von allen Parteien heraufbeschworen werden – und am Ende verläuft’s meist im Sand. Genau deshalb möchten wir einen Jugendlandtag etablieren: Weil wir die Anliegen junger Menschen umgesetzt sehen möchten – und das zeitnah.
Wie darf man sich diesen Jugendlandtag in der Praxis vorstellen?
Kovacevic: Ähnlich wie das bereits existierende Schüler:innenparlament, aber eben mit dem Fokus auf eine viel breitere Bevölkerungsgruppe: Wir wollen, dass sich alle Jugendlichen, alle jungen Erwachsenen aus allen Teilen unseres Landes aktiv beteiligen und ihre Ideen einbringen können. Ebenso auch Anregungen, wie jugendrelevante Gesetze den Lebensrealitäten junger Menschen besser entsprechen können. Ich bin mir sicher, dass das wertvoll ist – und ein Jugendlandtag dementsprechend durchaus Sinn machen wird.
In der Praxis könnten im Jugendlandtag beschlossene Anträge direkt an die zuständigen Ausschüsse weitergeleitet werden. Oder an die zuständigen Regierungsmitglieder. Wichtig ist, dass die jungen Initiativen dann auch konsequent weiterverfolgt werden.
Nach dem gefassten Grundsatzbeschluss im Tiroler Landtag läuft nun aktuell die Ausarbeitung der konkreten Umsetzung des Jugendlandtags. Dabei bin ich recht zuversichtlich, dass bis zum Herbst hin erste Ergebnisse präsentiert werden können – und der Jugendlandtag dann vielleicht schon im kommenden Jahr zum ersten Mal zusammenkommt.

Christian Kovacevic, stellvertretender Klubobmann und Jugendsprecher der SPÖ im Tiroler Landtag
2026/2027 ist auch die Ausrollung des Rechts auf Kinderbildung und -betreuung geplant – begleitet von Debatten im Tiroler Landtag: Warum wird dieses Thema so kontrovers diskutiert?
Kovacevic: Dass es zu Diskussionen kommt, ist naheliegend: Allein schon wegen den Ideologien, wie sie z.B. die FPÖ propagiert, die Frauen einfach lieber hinter dem Herd sehen wollen. Den Freiheitlichen gehen die Fortschritte deshalb auch schon zu weit – für andere, wie beispielsweise die Grünen, wird es vielleicht immer zu wenig sein. Zumindest lässt das die grüne Pauschalkritik an der Landesregierung vermuten.
Als SPÖ ist uns das Recht auf Kinderbildung und -betreuung jedenfalls immens wichtig, deshalb haben wir das auch im Regierungsprogramm verankert. Weil wir allen Familien in Tirol die Entscheidungsfreiheit geben wollen, wie sie ihr Familienleben gestalten – inklusive der Möglichkeit, dass beide Elternteile berufstätig sein können, wenn das gewünscht oder notwendig ist.
Diese Freiheit ist aktuell nicht immer und überall gegeben und das prinzipiell zum Nachteil von Frauen, die bei fehlendem Angebot zuhause den Nachwuchs betreuen und dafür berufliche Nachteile in Kauf nehmen müssen, die selbst über ein ganzes Berufsleben kaum aufzuholen sind.
Wie muss also Kinderbetreuung ausgebaut werden, um hier ein positiver Faktor zu sein?
Kovacevic: Kinderbetreuung muss den Bedürfnissen der Kinder, aber auch der Eltern und der gesamten Familie entsprechen. Nur so ist die Wahlfreiheit gegeben, wie wir sie mit dem Rechtsanspruch für Familien schaffen wollen.
Einheitliche Standards und sinnvolle Vereinheitlichung sind dafür die Grundlage – und alles muss juristisch genau passen. Daran wird momentan gearbeitet und das ist durchaus eine Herausforderung, wie beispielsweise bei der Tarifharmonisierung zwischen Gemeinden wie Schwaz und Zams, die von sich aus kostenlose Kinderbetreuung anbieten, und anderen Orten mit teils hohen Gebühren. Hier die Balance zu finden, bedarf vieler Gespräche und Abstimmungen.

Claudia Hagsteiner, SPÖ-Sprecherin für Familien inklusive Kinderbetreuung
So wie am ersten Tag die Kinderbetreuung beherrschend war, wurde am zweiten Tag in der Aktuellen Stunde die Baulandmobilisierung thematisiert – auf Vorschlag der FPÖ. Wie hast du die Debatte empfunden?
Kovacevic: Die Debatte war recht hitzig – und wohl auch bewusst von der FPÖ provozierend veranlagt. Für uns ist jedenfalls klar: Für uns steht die Bevölkerung an erster Stelle, denn Wohnen ist ein Grundrecht. Die Politik hat hier Maßnahmen zu setzen, damit Normalverdienenden nach den Wohnkosten auch noch Geld für ein halbwegs gutes Leben bleibt. Davon sind wir in Tirol vielerorts leider weit entfernt.
Das kann man nicht einfach so hinnehmen. Die Schritte, wie sie beispielsweise Innsbruck zuletzt für die Schaffung geförderten Wohnraums gesetzt hat, mögen zwar mutig sein, sind meines Erachtens aber absolut notwendig: Man kann nicht alles dem freien Markt überlassen. Sonst steigen die Preise weiter und weiter.
Deshalb muss die Politik regulierend einschreiten – und genau das wollen wir mit der Baulandmobilisierung. Weil’s nicht sein kann, dass ein paar wenige Großgrundbesitzer ihr vor Jahrzehnten gewidmetes Bauland horten und damit ohne jegliche Leistung irrsinnige Spekulationsgewinne machen. Zum Schaden der Allgemeinheit, wird dieses Land doch dringend gebraucht. Weil jede und jeder Recht auf leistbares Wohnen hat.

Elisabeth Blanik, SPÖ-Sprecherin für Wohnen und Vizepräsidentin des Tiroler Landtags
Thema war auch wieder die Tiroler Schwimmbadlandschaft?
Kovacevic: Genau, auch darüber wurde im Mai-Landtag wieder viel diskutiert – vor allem über ein Regionalbad für das Unterland. Hier haben wir leider aus der Stadt Wörgl von der einseitigen Rücknahme von entsprechenden Planungen erfahren. Jetzt kommt’s darauf an, mit anderen Gemeinden auszuloten, inwiefern Interesse an einer ganzjährigen Schwimmlösung besteht. Der auf SPÖ-Initiative eingerichtete Bädertopf funktioniert jedenfalls: Es wurden bereits erste Projekte eingereicht und auch schon die ersten Förderungen ausgeschüttet.
Dennoch: Gerade im Unterland wird man schauen müssen, dass man preiswertere Projekte zur Umsetzung bringt, die mit den Förderrichtlinien des Landes kompatibel sind und sich zeitnah zu funktionalen Schwimmlösungen realisieren lassen.
Was wir nicht wollen, sind große Erlebnisbäder, wie es das Wave in Wörgl war: Das ist finanziell einfach nicht mehr vertretbar. Was wir brauchen, sind ganzjährige, funktionale Schwimmlösungen – auch mit Blick auf Schwimmkurse, Schulschwimmen, Vereinssport, Seniorinnen und Senioren.
Zum Schluss: Am 11. und 12. Juni steht der Dreier-Landtag in Meran an. Wie schaut hier die Themenpalette aus?
Kovacevic: Das zentrale Thema beim Dreier-Landtag wird auch dieses Mal der Verkehr sein. Anders als bisher, zeigten sich die drei Regionen doch bislang meist vereint, hat diesmal leider schon im Vorfeld für Umstimmigkeiten gesorgt, dass die Kolleg:innen aus dem Süden einseitig die Aufhebung der verkehrsbeschränkenden Maßnahmen in Tirol fordern.
Wir werden diesen Forderungen selbstverständlich nicht nachgeben. Weil es nicht sein kann, dass die Interessen einzelner Frächterbosse wichtiger sind als die Gesundheit der Bevölkerung in Tirol. Hier gilt es, weiter für Entlastung zu kämpfen. Deshalb werden wir an unseren Maßnahmen festhalten, bleiben aber hinsichtlich Lösungen natürlich gesprächsbereit – und genau diese Position werden wir im Juni auch beim Dreier-Landtag in Meran vertreten.
Über den Tiroler Maßnahmen schwebt ja auch eine laufende, von Italien angestrengte Klage vor dem Europäischen Gerichtshof: Mit wie viel Unterstützung ist hier vom Bund zu rechnen?
Eines ist seit der Angelobung schon klar: Der neue Verkehrsminister Peter Hanke steht voll und ganz hinter den Tiroler Maßnahmen gegen den Transitverkehr – und wird unser Land hier auch weiter unterstützen.
Diese Unterstützung ist wichtig und gilt auch auf europäischer Ebene. Bezeichnend war, dass zu den ersten Terminen von Bundesminister Hanke ein persönliches Treffen mit unserem Tiroler Verkehrslandesrat René Zumtobel zählte. Ebenso hat Hanke kürzlich Tirol besucht. Bei beiden Gelegenheiten hat der Bundesminister auch bekräftigt, dass er zu einhundert Prozent hinter den Tiroler Maßnahmen steht. Insofern ist es beruhigend, dass der Bund in der Transitfrage ganz klar zu Tirol hält.



